

1988: Eine besondere Gala erobert Nürnberg
Oder: Wie Fliederlich unfreiwillig zum Veranstalter wurde
Erfolgreich aus der Not heraus: 1988 untersagte die CSU-geführte Bezirksregierung Mittelfranken der von der SPD dominierten Stadt Nürnberg, die Vereine Fliederlich, Kassandra und Rosa Flieder finanziell zu fördern. Für Selbsthilfe, Beratung und Aufklärung zu den Themen Homosexualität und Prostitution sollten nach Ansicht der konservativen Moralwächter keine öffentlichen Mittel fließen. Auch wenn die Stadt Nürnberg Jahre später vor Gericht Recht bekam: Das plötzliche Loch in den Vereinskassen musste schnell gestopft werden.
Die erste Gala 1988
Also luden Fliederlich und Prostituiertenselbsthilfegruppe Kassandra im Dezember 1988 kurzentschlossen zur »1. Schwulen- und Hurengala«. Ort der Veranstaltung war der Festsaal des Jugendzentrums »Komm« (dem heutigen »Künstlerhaus«). Auf dem Programm der ersten Gala standen u. a. die Choatic Strings, Duke Meyer, die Teufelsberg Show Production, der schwule Männerchor MäNü, die schwule Theatergruppe FKK – und ein Stripper-Paar.
»Bizarres Fest«
Die ausverkaufte Veranstaltung mit Benefiz-Tombola wurde ein voller Erfolg. Auch bei der ersten Wiederholung 1989 im Erlanger »E-Werk« war der Saal proppenvoll. Sogar die Erlanger Nachrichten berichteten mit voyeuristischem Eifer über das »bizarre Fest« und »dem Mann in schwarzem Leder, der seinen nackten Oberkörper mit Gurtwerk verzierte […]«. Weitere erfolgreiche Schwulen- und Hurengalas fanden 1990 und 1992 wieder im »Komm« statt, zuletzt mit fast 700 Gästen.
»Schwulen- und Lesbengala« ab 1995
Ab 1995 trat Fliederlich als Alleinveranstalter auf: Die Veranstaltung wurde in »Schwulen- und Lesbengala« umbenannt, die Premiere des neuen Konzepts moderierte Comedian Martin Rassau. In den Folgejahren dehnte sich die Gala nach und nach auf das gesamte Haus aus, mit bis zu 1.300 Besucher:innen im »K4« (vormals »Komm«) im Jahr 2003.
Fest verankert im Kulturkalender
Zahlreiche bekannte Künstler:innen wie Jutta Czurda, Heinrich Hartl, Florence and the Fosters, Trällerpfeifen, Romy Haag, Lizzy Aumeier, Mark Lorenz, Franca Morgano, Lilo Wanders, Thomas Hermanns oder Kay Ray traten in den Gala-Jahren auf. Die Veranstaltung wurde weit über die queere Szene hinaus zu einer festen Größe im Nürnberger Kulturkalender. Mit Dr. Ulrich Maly übernahm 2002 erstmals ein amtierender Oberbürgermeister die Schirmherrschaft über die »Schwulen- und Lesbengala«. Über 50 Ehrenamtliche waren zum Gelingen einer Gala im Einsatz.
Das Ende 2011
Ab 2005 nahm das Publikumsinteresse an der Gala ab, nach Abzug aller Kosten blieben kaum noch Benefiz-Einnahmen übrig. Mit viel ehrenamtlichem Engagement wurde dennoch 2010 die 20. Gala gefeiert, ehe dann 2011 endgültig Schluss war. Wichtige Akteure hatten Nürnberg verlassen und standen somit nicht mehr für die Organisation zur Verfügung. Ein letzter Wiederbelebungsversuch mit neuem Team und an einem anderen Ort scheiterte 2012.